Mit so viel Andrang hatte der SPD-Ortsverein Otterberg nicht gerechnet: Der Clubraum der Otterberger Stadthalle war mit rund 140 Interessierten bis auf den letzten Platz besetzt, denn das Thema „Flüchtlinge“ bewegt derzeit die Menschen in ganz Deutschland – und eben auch in der Verbandsgemeinde. Bürgermeister Harald Westrich und Emmy Steffan von der Projektgruppe Integration der Initiative „Ich bin dabei“ waren als Referenten gekommen, um das Thema aus Verwaltungs- und Ehrenamtssicht zu beleuchten. Bürgermeister Harald Westrich sieht die Zuteilung von Flüchtlingen für die Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg durchaus positiv, schließlich werde dadurch die Nachfrage nach Wohnraum gesteigert. 244 Häuser hätten noch im Frühjahr dieses Jahres leergestanden, doch jetzt würden diese Leerstände zumindest teilweise abnehmen, da Wohnraum für die Flüchtlinge angemietet werde. Aktuell stünden noch 19 Wohnungen bereit, was angesichts der bis zum Jahresende erwarteten weiteren 120 Menschen jedoch zu Engpässen führen werde. Derzeit sind der Verbandsgemeinde rund 140 Flüchtlinge zugeteilt, davon
die meisten in Otterberg und Katzweiler. Dabei kommen alle zwei Wochen bis zu zehn Personen an, während andere wieder wegziehen. Insgesamt sieht Westrich die Entwicklung für die Verbandsgemeinde gelassen, denn man sei in der Lage, sogar von heute auf morgen bis zu 60 Personen unterzubringen. Als ebenfalls positiv wertet er die Möglichkeit, arbeitsfähige Flüchtlinge für Bauhoftätigkeiten in den Ortsgemeinden einzusetzen. „Wir setzen auf das Prinzip „fördern und fordern“. In Niederkirchen wird so derzeit beispielsweise die Friedhofsmauer saniert.“ Auch auf die Schulen wirke sich der Zuzug von Flüchtlingen positiv aus, denn dadurch könnten bedrohte Schulstandorte gestärkt und Klassenzusammenlegungen verhindert werden. Dazu werden Flüchtlinge mit Grundschulkindern gezielt den Orten zugeteilt, wo die Schülerzahlen zu gering sind. Was für den Wohnungsmarkt, die örtliche Wirtschaft und die Schulen positive Effekte habe, bringe die Verwaltung jedoch an ihre Grenzen, denn der hohe Bürokratieaufwand binde Personal, so Westrich. „Das Menschliche bleibt manchmal auf der Strecke.“ Hier leistet die Integrationsgruppe aus der Initiative „Ich bin dabei“ eine große Unterstützungsarbeit. Mit anfangs fünf Mitgliedern gegründet, zählen zur Gruppe mittlerweile rund 30 Personen, die sich für die Flüchtlinge engagieren. Vom ersten Empfang der Flüchtlinge in der Verbandsgemeinde, über das gemeinsame Einkaufen, bis hin zu Arztbesuchen reicht die Tätigkeit der Ehrenamtlichen, berichtet die Ansprechpartnerin Emmy Steffan aus Otterbach. Ihr Mitstreiter Hartmut Oberfell aus Mehlbach hat gleich die Betreuung einer ganzen Familie übernommen und hilft bei ganz alltäglichen Dingen wie dem Besuch des Elternabends in der Schule. Nebenbei werden Sachspenden gesammelt und verteilt, Kinder in den Kindergarten oder in die Schule begleitet, Sprachunterricht wird angeboten, Freizeitaktivitäten werden organisiert. Die Aufgaben sind vielfältig und zeitintensiv, denn oft genug muss ein Dolmetscher dabei sein oder die Kommunikation über eine Übersetzungssoftware laufen. Als problematisch erweist sich der fehlende Lagerraum für die Sachspenden, sodass weitere Spenden teilweise nicht sofort angenommen werden können, sondern erst dann, wenn konkreter Bedarf besteht. Was denn derzeit im Besonderen gebraucht werde, möchten die Zuhörer wissen. „Im Moment brauchen wir Winterkleidung und Dinge, um eine Wohnung erstmal mit dem notwendigsten auszustatten, wie Geschirr, Handtücher oder Bettwäsche“, erzählt Emmy Steffan. Aber auch in allen anderen Bereichen ist jede zusätzliche helfende Hand gerne willkommen. Das kann jemand sein, der Flüchtlinge zu den Sprachkursen fährt oder auch jemand, der einmal in der Woche die Sachspenden sichtet und sortiert. Und wie läuft der Kontakt zur Gruppe? „Wir treffen uns an jedem dritten Dienstag im Monat um 16 Uhr im Café Zeitlos in Otterberg. Oder aber Sie rufen mich an oder schicken mir eine E-Mail“, sagt Emmy Steffan. Neben den Auswirkungen in der täglichen Praxis im Umgang mit Asylsuchenden wurden auch die Ängste thematisiert, die in der Bevölkerung bestehen. „Können wir das finanziell überhaupt stemmen? Wie läuft die Integration, die Menschen kommen doch aus einem ganz anderen Kulturkreis?“ Hierzu erklärte Harald Westrich, dass auch hier das Prinzip „fördern und fordern“ für die Integration wesentlich sei. „Die meisten der Flüchtlinge sind offen und wollen gerne arbeiten. Außerdem ist die dezentrale Unterbringung für die Integration wichtig, da so schneller Kontakte geknüpft werden können“. Zu den Finanzen führte er aus, dass derzeit vom Kreis pro Flüchtling 513 Euro gezahlt würden, die tatsächlichen Kosten aber höher seien. „Bei den Flüchtlingen bleibt aber nichts hängen, was sie in die Heimat überweisen könnten. Das kommt letztlich alles der regionalen Wirtschaft zugute und fließt teilweise über Steuern wieder zurück an den Staat.“ Insgesamt war der Tenor sowohl aus Sicht der Referenten als auch der Zuhörer, die sich zu Wort meldeten, dass Ängste durch Kontaktaufnahme abgebaut werden müssten und auch der Staat die wichtige Aufgabe hat, die Integration voranzutreiben, denn, so Harald Westrich „Die Kinder der Flüchtlinge bezahlen einmal unsere Rente.“
Abschließend dankte Ortsvereinsvorsitzender Christian Brand den beiden Referenten für ihr Kommen mit einem Wein- und Blumenpräsent. Wie schon zuvor Harald Westrich wies er auf eine Bürgerversammlung der Verbandsgemeinde am 5. Oktober 2015 im Clubraum der Stadthalle Otterberg um 19 Uhr hin, bei der das Thema ebenfalls noch einmal beleuchtet und die aktuelle Entwicklung dargestellt wird. Wer Informationen zur Projektgruppe Integration benötigt oder sie unterstützen möchte, wende sich direkt an Emmy Steffan, E-Mail: integration-otterbach-otterberg@web.de, Tel. 06301-30135. Weitere Informationen finden sich auch auf der Website der Verbandsgemeinde www.otterbach-otterberg.de.
Text und Fotos: Rolf Stein